Thorsten
Wolf - mal anders beleuchtet
Wenn er den Raum betritt, dann nie
leise, immer den ganzen Türrahmen ausfüllend, mit großen Gesten die Aufmerksamkeit
aller auf sich lenkend.
Ich skizziere hier nicht einen Hünen von 1,90 m - sondern Thorsten Wolf, 34 Jahre
und gerade mal 1,67 m, schlank, Stoppelfrisur - ein Mann, dessen Charisma sich
kaum jemand entziehen kann. Wer ihn kennt, wird mir das bestätigen. Und wer ihn
kennt, wird sich wie ich immer wieder aufs Neue die Frage stellen, woher dieser
Mann diese schier sich nie erschöpfende Energie nimmt. Er und sein Bruder Tobias
stampften in kürzester Zeit zwei erfolgreiche Theater aus dem Boden (ohne große
öffentliche Mittel), natürlich nicht allein, denn hinter bzw. neben ihnen steht
eine Mitarbeitercrew, die sie fest im Griff haben. Nach dem Motto “Ich verlange
von anderen nur den Einsatz bei der Arbeit, den ich auch in der Lage bin zu leisten.”
wird ein Arbeitstag im Strohsack oft 14 und mehr Stunden lang für Thorsten Wolf,
Stunden, in denen er etwas bewegt, nicht nur die Lachmuskeln der allabendlichen
Zuschauer der Funzel.
“Der Mann mit den tausend Gesichtern” hat eine Physiognomie in die Wiege gelegt
bekommen, die, gepaart mit einem Selbstbewußtsein und Durchsetzungsvermögen, das
jedem anderen Achtung abverlangt, ihn einfach prädestiniert für die Kabarettbühne.
Und wer beim Einkaufsbummel durch den Strohsack die Ohren aufsperrt, der vernimmt
Thorsten Wolfs nicht zu überhörendes und ansteckendes Lachen aus der Kasse oder
aus dem Funzelcafé. Kleiner Tip am Rande: Vor jedem abendlichen Auftritt um halb
acht wird bei der “Kassentante” ein Käffchen getrunken und geschwatzt, und Gäste,
die sich in dieser Zeit die Karten holen, gehen immer mit einem Lächeln in den
Feierabend.
Der
Leser wird sich jetzt fragen, wo der Mann seine Ecken und Kanten hat, denn so
vollkommen kann ja niemand sein - sei beruhigt, lieber Leser, auch Thorsten Wolf
hat so seine Marotten, die jeder große, kleine Mann hat. Nur verlangen Sie von
mir nicht, diese zu äußern, denn durch mein wohlwollend blickendes Auge wird jede
Marotte zum Maröttchen, wird seine Zeitungs- und Fernsehgier zur puren Lust, sich
ab und zu in anderen Gefilden in Szene zu setzen und sich bestätigt zu wissen.
Stille Momente, jedoch nie ohne Konzentration und Ringen um einen kiloschweren
Erfolg, erlebt man bei Thorsten Wolf nur beim Angeln, seiner absoluten Leidenschaft,
wohl auch deshalb, weil er nie von Mücken geplagt wird. Und noch eins rate ich
Ihnen - spielen Sie nie mit ihm Doppelkopf - Sie gehen ohne Hemd in Ihr gerade
verspieltes Haus, um sich die letzten, Ihnen verbleibenden Sachen zu sichern.
Wenn man sich auf diesen Wolf einläßt, so ist das nie bequem, nie langweilig,
niemals ohne Streit, der dann doch mit einem offenen Lachen beendet wird und man
erst hinterher merkt, daß dieser “Graue” sehr diplomatisch und nicht ohne Charme
seinen Willen durchgesetzt hat und nie ohne das mit nichts zu bezahlende Gefühl,
jemandes Freund zu sein, der aufmerksam zuhört, hilft und mit Dir lacht.
Das Phantom
des Kabaretts